HVB - Heimatverein benniehausen e.V.

Hier entsteht eine "lebende" Ortschronik

Kirchenglocke

Anschaffung der neuen Turmglocke in Benniehausen

Im Jahr 1838 wurde die alte Turmglocke in Benniehausen umgegossen, zu der Glocke, die heute noch im Kirchturm hängt. Zu der damaligen Zeit ein erheblicher Kostenfaktor für eine so kleine Gemeinde wie Benniehausen. Alle Dorfbewohner zahlten einen Teil. Es waren zunächst die Besitzer der Reihehäuser  (Reiheleute = Vollbauer mit dem Recht innerhalb der Gemeinde Rechte und Pflichten zu übernehmen wie zum Beispiel das Amt des  „Ortsvorstehers“).  23 Haushalte zahlten zwischen 4 und 1 Reichstaler. Auch die Mieter und Brinksitzer (Kleinstbauern mit kleinem Haus aber nur wenig Grundbesitz) zahlten einen kleinen Teil in Höhe von 4 Gutegroschen. Insgesamt kam so die Summe von ca. 41 Reichstaler und 9 Gutegroschen  zusammen. Selbst der damalige Pastor Klettwig zu Gelliehausen macht ein freiwilliges Geldgeschenk in Höhe von 1 Reichsthaler.

 Der Guss der Glocke, der Arbeitslohn und Kleinmaterial, Verköstigung der Glockengießer, Kosten für verschiedene geleistete Wege belief sich auf stolze 56 Reichstaler und 3 Gutegroschen. Die Differenz von 14 Reichstalern  wurde vermutlich zum Teil von Königlicher Seite ausgeglichen. Eine Glocke in unserer Zeit, nach eigenen Vorgaben und Beschriftung gießen zu lassen wäre wohl ein Kostenaufwand, angefangen von der Planung bis zur Fertigstellung,  von ca. 15.000 bis 30.000 Euro. Wir können uns nicht vorstellen, was es heißt, diesen Betrag als Einwohner von Benniehausen, aufzubringen. Im Jahr 1838 war es möglich. Mit Hilfe von allen Dörflern wurde diese Glocke geschaffen und hat Bestand bis in unsere Zeit. Die Familie, die den größten Anteil Geld für diese Glocke gegeben hat,  ist nicht auf der Umschrift der Glocke verewigt. Die Namen auf der Glocke sind neben Heinrich Büschen, der Vorsteher Friedrich Deutsch und  der Bauermeister Heinrich Klinkermann auch der Glockengießer Johan Heine und sein Sohn. Aus der Inschrift geht auch hervor, dass die alte Glocke von 1633 umgegossen wurde. Somit war der größte Teil der Bronze schon vorhanden.

Im Juni 1838 hat Heinrich Klinkermann die alte Glocke nach Bodensee begleitet. In der Glockenkunde von Karl Walter aus Regensburg ist der Guss der Benniehäuser  Glocke verzeichnet.  Demnach soll das alte Gusshaus der Gebrüder Johannes Heine und E. Heine in Bodensee beim ehemaligen Kindergarten in der Nordstraße gewesen sein. Das ist  erwähnenswert, da doch die Mehrzahl der Glocken mit einem solchen Gewicht, immerhin ca. 320 KG, vor den jeweiligen Kirchen gegossen wurde. Heinrich Klinkermann bekam für diesen Weg 12 Gutegroschen. Laut der alten Gemeinderechnungen war der Vorsteher Friedrich Deutsch beim Neuguss der Glocke anwesend und bekam auch diesen Dienst entlohnt. Die Vorbereitungen zum Guss der Glocke begann Mitte Juni 1838. Erster und entscheidender Schritt ist  die Konstruktion einer Schablone für Glockenrippe, dann beginnt der Aufbau der Gussform. Aus Lehmziegel wird ein hohler Glockenkern gemauert und darüber, an einer Achse drehbar, die Schablone befestigt. Im mehreren Schritten wird der Kern mit immer feinerem Lehm bestrichen. Die Schablone wird über dem Kern gedreht und der überschüssige Lehm abgezogen. Damit ist die Form für die Innenseite fertig. Im Nächsten Schritt wird die Form für „ die falsche Glocke“  gefertigt. Diese besitzt  bereits schon die Form der zu gießenden Glocke, ist aber aus Lehm. Nach dem Trocknen der falschen Glocke werden auf ihr alle Verzierungen und Umschriften aus Wachs aufgebracht. Über der falschen Glocke wird der äußere Teil der Form hergestellt, der Mantel.    

 

Anfang August begannen die Vorbereitungen zum Guss der Glocke, die Gussmasse musste langsam auf Temperatur gebracht werden, an einem Freitag um 15 Uhr nachmittags wurde die Gussmasse (Glockenspeise) in die Form eingeleitet. Dieser Tag wurde nicht zufällig gewählt, damals wie auch heute wird eine Glocke traditionell an einem Freitag um 15 Uhr gegossen, der Sterbestunde Jesu. Das Gießen selber dauert nur ca.  eine ½ Stunde, das langsame Abkühlen hingegen viele Tage. Am  23. August war der Glockenguss erfolgreich abgeschlossen. Der Glockengießer Johannes Heine und sein Sohn Christian machten sich mitsamt der Glocke auf den Weg nach Benniehausen. Am 25. und 26. August wurde die Glocke in das Glockengestühl gezogen und am 26. August 1838 erklang die geweihte Glocke das erste Mal über dem Dorf Benniehausen.

(Quellen : Gemeinderechnungen aus dem Jahr 1838, Recherche Alwin Wesche, Bilder Wikipedia, Text Heike Sauerland 03.2015)

Inschrift auf der Glocke Benniehausen

JOHAN ET SOHN IN BODENSEE HABEN MICH GEGOSSEN   UND NACH MEINEM ERSTER GUSSE

WAREN 205 JAHRE VERFLOSSEN   SO KANN ICH DER GEMEINDE WILLEN NUN WIEDER MEINEN

DIENST ERFÜLLEN    DABEI WIRD NOCH ANGEGEBEN WELCHE ORTS BEHÖRDE JETZT NOCH LEBET

DER BAUERMEISTER HEINR. KLINKERMANN  HEINR.BÜSCHEN UND FRIEDR. DEUTSCH VORSTEHER

BENNIEHAUSEN DEN 9TEN AUGUST 1838

Dem zu Folge war die erste Glocke von 1633 und wurde beim zweiten Guss 1838 wieder verwendet.

                    

(Recherche Stefan Grütz und Heike Sauerland, Benniehausen, 03.2015, Foto`s der Glocke H. Sauerland)