Gaststätte Waterloo
Jeder von uns denkt jetzt gleich an die große Schlacht bei Waterloo, dem legendären Sommerfeldzug von 1815, die letzte Schlacht Napoleons.
Es ist nicht ganz falsch, denn dieses Waterloo, von dem hier die Rede ist, verdankt seinen Namen eben dieser Schlacht.
Gemeint ist das ehemalige Gasthaus Waterloo am östlichen Ortsrand von Benniehausen an der L 569 gelegen.
Einer der Soldaten dieser Schlacht, der auf Seiten des ersten Kurhannoverschen Infanterie-Regiment gekämpft hat, baute 1817 ein Gasthaus und nannte es Waterloo zum Andenken an diese Schlacht.
Christoph Heinrich Hoffmann, Sohn des Schuhmachers Georg Wilhelm Hoffmann und seiner Ehefrau Christine geb. Rode, wurde 1779 in Rittmarshausen geboren, diente in der Schlacht als Fourier – das heißt er war zuständig für die Verpflegung, Ausrüstung und Waffen. Zum Dank für seine Dienste in der siegreichen Schlacht erhielt Hoffmann ein Stück Land und eine silberne Gedenkmünze. Sie wurde vom Prinzregenten Georg von Hannover gestiftet, im Namen seines Vaters König Georg III von Großbritannien und Hannover.
Auf der Vorderseite dieser Münze ist ein Bildnis mit der Umschrift „GEORG PRINZ REGENT 1815“ auf der Rückseite „HANNOVERSCHER-TAPFERKEIT JUN:XVIII“ zu sehen. Auf dem Rand der Münze stehen folgende Worte: FOURIER HEINRICH HOFFMANN, LANDWEHR BAT: MUENDEN“.
Diese Münze ist heute noch im Besitz der Nachfahren von Heinrich Hoffmann, der Familie Schachtbeck.
Christoph Heinrich Hoffmann betrieb ca. 40 Jahre die Gastwirtschaft.
Er starb am 13.03.1858 im Alter von 79 Jahren und wurde in Benniehausen beigesetzt.
Hoffmanns Tochter heiratete Hermann Klinkermann aus Benniehausen.
Mit dem Bau der Kleinbahn am 05.01.1897 begann ein neues Kapitel des Landgasthauses Waterloo. Durch seine Idyllische Lage und Anbindung an die Gartetalbahn bevölkerten die Göttinger Studenten und viele Wochenendausflügler fortan die Gaststätte.
Hermann Klinkermann erweiterte das Gasthaus 1908 um eine Terrasse, in dem er die Felsen östlich des Hauses wegbrach und sie mit Schatten spendenden Bäumen bepflanzte.
Bei diesen Bauarbeiten wurden Tierknochen gefunden, die zeitweise im Gasthaus in einem Glaskasten ausgestellt waren. Mit großer Wahrscheinlichkeit war hier ein Lagerplatz altsteinzeitlicher Jäger
So entstand nach und nach dieses berühmte Ausflugslokal, was bei Studenten und Erholungsuchenden so hoch im Kurs stand und dessen Ruf bis in die heutige Zeit nachhallt.
Die Gartetalbahn brachte die Gäste von Göttingen über die Garteschänke und Waterloo bis nach Rittmarshausen. Wer wollte, löste ein Billet für die 14,6 km lange Strecke bis Waterloo und war ca. 1 Stunde unterwegs.
Hermann Klinkermann warb für sein Waterloo mit den Worten „Gutbürgerliches Gasthaus in hochromantischer Umgebung“ und „In nächster Nähe die Erinnerungsstätte an den Dichter Gottfried August Bürger – Die Bürgergrotte“
Bis 1956 war das Gasthaus in den Händen der Nachfahren von Christoph Hermann Hoffmann.
Juliane Manzel war die letzte Besitzerin von Waterloo, die mit dem Erbauer durch Heirat verwandt war. Ihr erster Mann war der Ururgroßenkel des Erbauers. Als 1943 auch Ihr Großonkel Hermann Klinkermann starb, übernahm Juliane Manzel die Geschäfte und führte das Haus bis 1956.
Bild Herr und Frau Manzel.
Ab da wurde Waterloo verpachtet bzw. verkauft.
Die ersten Pächter waren Irmgard und Karl Nikolaus, die Waterloo in guter alter Tradition von 1955 - 1961/62 weiter führten, ein Landgasthaus mit Schankwirtschaft und guter Landküche.
Bild oben: Karl Nikolaus, Willi Meyer, Herr Hoffmann und Irmgard Nikolaus
Waterloo nach einem neuen Anstrich Ende der 50 Jahre
Folgende Pächter und Eigentümer reihten sich dann aneinander:
Engelhardt aus Geismar
Familie Deppschütz aus Berlin
Von 1963 bis 1969 betrieb Hermann Pohl eine Wildwest Disco mit dem Namen Ponderosa. Hermann Pohl hatte 2 Schimpansen. Die Tiere waren in einer Nische im Fels rechts neben der Scheune untergebracht. Eines der Tiere büchste aus und floh nach Niedeck, wo es einem Treckerfahrer einen gehörigen Schrecken einjagte.
(Auszug aus der Festschrift von 1965, 75 Jahre Männer Gesangverein Benniehausen)
Ab 1969 wurde Waterloo der weit über die Grenzen Benniehausens bekannte Nachtclub Pigalle. In einem Zeitungsartikel im Göttinger Tageblatt (GT) von 1969 wurden einige Benniehäuser nach Ihrer Meinung gefragt, unter anderem der damalige Bürgermeister und Gemeinderatsmitglied Helmut Stahlke, seine Reaktion auf die Frage „ Was sagt der Benniehäuser Bürger zu diesem Szenewechsel?“ Helmut Stahlke hatte gleich eine Gegenfrage parat „Warum soll der Dörfler dem Städter nachstehen? – und wieso soll der Benniehäuser nach Göttingen fahren wenn er sich einen Strip ansehen will“. Er brachte sein Ja auf eine knappe Formel: Der Etat ist knapp, die Lage des Lokals günstig (500 m außerhalb der eigentlichen Ortsgrenze) und die Verständigung mit dem früheren Kabaretttänzer Claus-Uwe Ferle war auf Anhieb gut. Auch der Ratsherr Franz Köhl sah keine Schwierigkeiten. Der Mann zahlt seine Steuern und was jemand auf seinem Grundstück macht, ist seine Sache. Fazit: Für Benniehausen war das Pigalle keine „Mausefalle“.
(Quelle: Göttinger Tageblatt, Reportage von Peter Woeckel und Anja Grigoleit)
Heute ist Waterloo eher ein Begriff für dieses Etablissement als für die traditionsträchtige Gaststätte wo Heinrich Lücke einkehrte.
Familie Walter Ott war Pächter während des Hochwassers 1981. Der Saal war überschwemmt und Herr Ott bohrte Löcher in den Fußboden, damit das Wasser ablaufen konnte.
Um 1982 betrieb die Gastronomie Hermann Böger aus Eichenkrug, Pächter war die Krombacher Brauerei.
Danach wurde es der Spielbetrieb Rouletta 24 des koreanischen Geschäftsmanns Soong Bong Kang.
Am 19.September 1986 brannte das Hauptgebäude.
Der Saal blieb vom Feuern unbeschädigt.
Der Fuhrunternehmer Peter Hesse kaufte schließlich das Anwesen auf Anraten des ehemaligen Landwirtschaftsministers Klaus-Peter Bruns. Die Idee war Waterloo in seiner alten Tradition als Gasthaus wieder auferstehen zu lassen. Obwohl die Sanierung in Teilen schon begonnen hatte (in Form von neuen Dachziegeln) kam es nie zur Vollendung. Der einzige Nutzer des Saales von Waterloo war ein Motoradclub, der dort seine Treffen abhielt. Dieses Arrangement war nicht von langer Dauer, weil die Feuerwehr und die Polizei hier Dauergast waren.
Wolfgang Schröder, ein freier Handelsvertreter, erwarb Waterloo und nutzte zunächst das Anwesen für private Veranstaltungen. Bevor es zu einer sinnvollen Nutzung kam, setzte sich Schröder nach Frankreich ab.
Waterloo wurde nach langem hin und her 2009 versteigert. Herr Witter ist der neue Eigentümer. Wenigstens bekam Waterloo einen Schutzzaun um Randalierer und Diebe fern zu halten. Allerdings hält dieser den weiteren Verfall nicht auf. Schade eigentlich!
(Recherche / Text Kathrin Wille und Heike Sauerland 04.2017)