„Hilfsbereitschaft und Menschlichkeit haben nichts mit Wohlstand zu tun“
Svea Venus hat bei ihrer Radtour bis nach Marokko Spenden für Ärzte ohne Grenzen gesammelt.
9500 Kilometer auf dem Fahrrad: Svea Venus ist von ihrer Spendenfahrt für „Ärzte ohne Grenzen“ zurückgekehrt / 21-Jährige hat bislang 3000 Euro gesammelt.
Benniehausen. Nach 9500 Kilometern auf dem Fahrrad ist sie zurück in Göttingen: Svea Venus reiste in den vergangenen Monaten von Südniedersachsen bis nach Marokko, um Spenden für „Ärzte ohne Grenzen“ zu sammeln. Unterwegs hat sie viel gelernt – über die Länder, die sie bereiste. Und über sich selbst: „Es hat sich auf jeden Fall gelohnt“, sagt sie heute.
Anfang Mai machte sich Venus in Göttingen auf den Weg – bei Kälte und schüttendem Regen, wie sie sich erinnert. Manch einer wäre da wohl bereits wieder vom Sattel gestiegen. Sie nicht. Die 21-Jährige wollte ursprünglich 5000 Kilometer bis nach Lissabon und zurück fahren. Spontan entschied sie, ihre Reise zu verlängern. Mit einem Boot überquerte sie die Straße von Gibraltar, um Marokko zu bereisen. Die Strecke verdoppelte sich dadurch. Exakt 9498 Kilometer zeigte der Zähler bei ihrer Rückkehr am vergangenen Montag.
„Ich hatte viele nette Begegnungen. Menschen haben mir unterwegs Getränke und Übernachtungsplätze angeboten“, berichtet die ehemalige Schülerin des Göttinger Hainberg-Gymnasiums. Ein Erlebnis sei ihr dabei besonders in Erinnerung geblieben: „In Marrakesch lebte ich in einer armen Gastfamilie, wo ich viel Wärme und Herzlichkeit zu spüren bekam. Ich lernte, dass Hilfsbereitschaft und Menschlichkeit nichts mit Wohlstand zu tun haben.“ Selbst die, die wenig hatten, teilten mit ihr.
Gleichzeitig sei es für sie aber auch schwer gewesen, am Straßenrand Armut und Elend zu sehen: „Ich wusste, dass ich nichts dagegen machen kann, das hat mich traurig gemacht“, sagt sie. Manchmal habe sie dann angehalten und Kindern Bonbons geschenkt. Dabei habe sie sich unfassbar reich gefühlt – und zugleich dafür geschämt. „Wenn man mit dem Auto reist, kann man die Tür zu machen. Auf dem Fahrrad ist man dem Hier und Jetzt ausgeliefert.“
Gerade in Marokko habe sie nicht gewusst, was sie erwartet. „Doch schon am ersten Tag hatte ich positive Erfahrungen und Begegnungen, die Mut gemacht haben“, erzählt Venus. Jeden Tage habe sie neue spannende Erfahrungen gemacht. Die 21-Jährige und ihre Tour sorgten vor Ort jedenfalls für Aufsehen. Drei nationale marokkanische Zeitungen berichteten über sie.
Auch körperlich verlangte die Reise ihr einiges ab. Venus radelte sowohl bei Kälte und Regen als auch bei brütender Hitze und Temperaturen von mehr als 40 Grad. „Das war echt anstrengend, aber der Schmerz vergeht, die Erinnerung bleibt“, schmunzelt sie. Die 21-Jährige lernte nicht nur, mit der körperlichen Belastung umzugehen, sondern auch „Eigenverantwortung zu übernehmen, auch in schwierigen Situationen“. Unterwegs musste sie sich teilweise auf „essenzielle Dinge“ wie Essen oder Trinken beschränken. Zudem sei das Alleinsein eine neue Erfahrung gewesen. Ihr Durchhaltevermögen sei in jedem Fall gestärkt worden.
Bisher sind 3000 Euro auf dem Spendenkonto für „Ärzte ohne Grenzen“ eingegangen. Die Aktion läuft noch bis Ende Oktober. „Damit ist jetzt schon ein tolles Spendenziel erreicht. Ich möchte mich ausdrücklich bei allen Unterstützern bedanken, ich bin wirklich gerührt“, sagt Venus. Anfang September entscheidet sich, ob die 21-Jährige einen Studienplatz für Medizin erhält. Langfristig wolle sie sich weiterhin für „Ärzte ohne Grenzen“ engagieren, da sie sich für Menschen einsetzen wolle, denen es schlecht geht. Venus: „Das war bestimmt nicht meine letzte Spendenfahrt auf dem Fahrrad.“
Das war echt
anstrengend, aber der Schmerz vergeht, die Erinnerung bleibt.
Svea Venus rückblickend über ihre Tour
Quelle: Göttinger Tageblatt v. 24.08.2019
5000 Kilometer mit dem Fahrrad für "Ärzte ohne Grenzen".
In Benniehausen, in der Mühlenstr. 17, lebt eine "besondere" Person, von deren Engagement im sozialen Bereich wir erst am 04. Mai 2019 aus einem Zeitungsbericht des Göttinger Tageblatt (GT) erfahren haben.
Svea Venus, 21 Jahre, wirbt mit einer ungewöhnlichen Tour um Spenden für humanitäre Hilfe, siehe nachstehenden Artikel aus dem GT. Über ihre Reise wird Svea in ihrem Reiseblock: SveaVenus.de berichten.
Die 21-jährige Svea Venus wirbt mit ungewöhnlicher Tour um Spenden /
Im Gepäck Straßenkarten und „nur das Nötigste“ Von Ulrich Schubert
Benniehausen. Wenn Svea Venus erzählt, dann sprüht sie nur so vor Energie – egal, ob es um ihre Tour nach Rom, ihr Arbeitsjahr in einem Jerusalemer Krankenhaus oder die Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“ geht. Am Sonntag steigt die 21-Jährige wieder aufs Fahrrad. 5000 Kilometer will die angehende Medizinstudentin radeln: Von Benniehausen bei Göttingen nach Lissabon und zurück. Damit will sie die Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“ unterstützen und um Spenden werben.
Es ist alles vorbereitet: Das neue Tourenrad ist eingefahren. Reparaturset, Schlafsack, Zelt, Kultursachen, wenig Kleidung und Persönliches sind in den Satteltaschen verstaut. „Nur das Nötigste“, sagt Venus, „wenn’s bergauf geht, ist jedes Gramm mehr schon zu viel“. Im Gepäck ist auch ein Stapel klassischer Straßenkarten auf Papier: Deutschland, Frankreich, Spanien, Portugal. Ja, Venus fährt lieber nach Karte statt nach Navi. „Da bekommt man einen ganz anderen Bezug zur Region und zum Ort, an den man reist“, sagt sie.
Denn der Bezug zu den Menschen während ihrer Reise, der direkte Kontakt auf Campingplätzen, in Hostels, Cafés, Läden und auf der Straße ist das, was sie sucht. „Die Menschen sind überall so freundlich, offen und vor allem interessiert, wenn ich alleine angeradelt komme“, hat sie immer wieder erfahren. Und jede Begegnung sei für sie selbst wieder eine neue Erfahrung und Bereicherung.
Dass sie dabei unausweichliche Strapazen wie Dauerregen, Hitze und endlose Bergsteigungen physisch und auch psychisch verkraften kann, hat sie bereits bewiesen. Die einstige Schülerin vom Göttinger Hainberg-Gymnasium ist im Sommer 2017 4000 Kilometer über Venedig nach Rom geradelt. Sie war im Schüleraustausch im Iran. Und sie hat ein Jahr lang in einem Krankenhaus in Israel Kinder mit progressiven Muskelerkrankungen gepflegt.
Wenn es besonders anstrengend wird, „werde ich von einer inneren Kraft getrieben, weiterzumachen“, hat die 21-Jährige erfahren. Das schaffe Selbstvertrauen und „man lernt, sich auch in ungewohnten, schwierigen Situationen zu überwinden“. Gerade diese Selbsterfahrung mit Grenzsituationen treibe sie weiter an. Und das Gefühl der Freiheit und Unabhängigkeit dabei.
Jetzt also Portugal – einmal mit dem Fahrrad über die Pyrenäen nach Lissabon und zurück. Die Freiheit dafür hat Venus, weil sie nach einem halben Jahr Praktikum in der Intensivpflege des Weender Krankenhauses zurzeit noch auf einen Studienplatz für Medizin warten muss.
Die Triebfeder für diese Reise aber hat sie mit ihren Erlebnissen in Israel gespannt. Dort hat sie mittelbar und unmittelbar „so viel Leid, Hunger, Krankheit und Not“ erlebt. Und sie hat die Arbeit von „Ärzte ohne Grenzen“ näher kennengelernt. „Humanitäre Hilfe braucht Menschen, die hinschauen und helfen, wo es oft am Nötigsten mangelt“, sagt Venus. Die Organisation tue genau dies weltweit, indem sie medizinische Nothilfe dort leistet, wo Menschen durch Hunger, Krankheit oder Gewalt bedroht sind.
Mit ihrer Tour will sie auf die Initiative aufmerksam machen und in Gesprächen auch für Spenden werben. Sie selbst erfahre dadurch keine finanziellen Vorteile, versichert Venus. Bei „Ärzte ohne Grenzen“ sei ihre Aktion lediglich gemeldet und registriert.
Am Sonntag will Venus am frühen Morgen starten. 100 bis 150 Kilometer pro Tag will sie zurücklegen. Wie lange sie unterwegs sein wird, ist offen. „Das hängt von vielen Faktoren ab: vom Wetter, von der persönlichen Tagesform, von den Menschen, die man trifft, und der Schönheit eines Ortes. Wenn es dann doch mal zu anstrengend wird: Geht auch die Bahn? „Nein, kein Zug. Um Gottes willen! Das kommt nicht infrage.“
Quelle: Göttinger Tageblatt 04.05.2019